Huawei Spionage

Vorwürfe ohne Beweise?! Huawei und das Thema Spionage

Huawei steht derzeit im medialen Fokus, wie wohl noch nie. Ein Umstand, der normalerweise die PR jubeln lässt. In diesem Fall eher nicht. Denn Huawei wird immer wieder in den Kontext von so Begriffen wie „Spionage“ oder „Wirtschaftskriminalität“ gebracht.

In Diskussionen zu diesen Themen – z.B. in unserer Huawei Community – werden diese verschiedenen Themen dann gerne vermischt. Wobei ich hier derzeit auch der Berichterstattung eine gewisse Teilschuld gebe. Denn offenbar kann man mit einem „Huawei Vorwurf“ in der Headline aktuell einfach mehr Reichweite erzielen.

Da mich dies derzeit einfach ärgert und ich keinen Bericht finden konnte, in dem das mal differenzierter dargestellt ist, versuche ich mich mal an ein wenig „Aufklärung“.

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HUAWEI Spionage

„Huawei Smartphones telefonieren nach Hause“

Der Vorwurf stammt vor allem aus den Zeiten, als Huawei noch als ein „China-Phone“ Hersteller galt. Damit ist eher die abwertende Meinung gemeint, dass hier billige Produkte auf den Markt geworfen werden. Inzwischen war ich der Meinung, dass diese Vorwürfe eher der Vergangenheit angehören und man Huawei als Premium-Marke anerkennt. Also ebenso wie Apple, Samsung, Google & Co.

In einem „Experten/Nerd“-Gespräch im Vorfeld dieses Artikels, bekam ich dann allerdings den Hinweis auf Tweets von Elliot Alderson. In seinem Profil beschreibt er sich selbst als „French security researcher“.

In zwei Threads (1/2) „zerlegt“ er die Firmware eines Huawei P20. Dabei handelt es sich um eine chinesische Modellvariante mit chinesischer Original Firmware. Jetzt gibt eben dieser Security Researcher zu bedenken, dass diverse Verbindungen aufgebaut und Abfragen gestartet werden. Wie er selber betont (zu bedenken gibt), ohne aktives Handeln des Nutzers.

Nachdem ich so ziemlich alle Verbindungen – soweit möglich – mal nachverfolgt habe, ist da erst einmal überhaupt nichts ungewöhnliches. Verbindungen zu aktivierten Diensten werden hergestellt. Dabei z.B. dann auch der Standort bestimmt usw. usf.

Huawei Router Hack Angriff

Hinterfragt wird/zu hinterfragen ist lediglich eine Anfrage an track.uc.cn. Diese Anfrage erfolgte als google.com aufgerufen wurde. Wobei der Thread hier dann wieder widersprüchlich oder zumindest missverständlich wird, wenn bisher die Rede davon war, dass kein aktives Handeln bei diesen Aufrufen erfolgte. Lassen wir das dahingestellt.
Letztendlich landet dieser Browseraufruf mit diversen erfassten Daten in der Huawei Cloud, genauer gesagt im Objektspeicher. Hier wird dann also der Aufruf auf google.com inklusive der übertragenen Meta-Daten abgelegt.

Leider endet die „Verschwörungstheorie“ dieses Threads dann an dieser Stelle, sehen wir mal von den Stammtisch Diskussionen ab, die sich daran oft ergeben. Wozu die Informationen genau dienen, erfahren wir nicht.

WEIL, es sind keine anderen Informationen als die, die wir auch übertragen, wenn wir z.B. Google die entsprechenden Rechte (Verlauf Suche, Standortverlauf, etc.) eingeräumt haben.

Setzen wir das jetzt noch in Bezug zu in den letzten Jahren immer wieder bekannt gewordenen Tatsachen über Datenübertragungen – z.B. das Apple’s iPhone GPS Daten selbst bei deaktiviertem GPS und ausgeschaltetem Handy weiter erfasst – dann steht hier am Ende erstmal kein größerer Skandal, als das mit dem wir täglich (bewusst) als Smartphone Konsumenten leben.
Übrigens, wer sich jetzt hier am Apple Beispiel stört, ich hätte genauso Google/Android Beispiele bringen können.

Vorwurf der Wirtschaftskriminalität – die Geschäfte mit dem Iran

Kommen wir zu einem zweiten Aspekt dieses Themenkomplex. Die Sache mit dem Iran. Korrekterweise die Vorwürfe zu den vermeintlichen Geschäften mit dem Iran. In diesem Kontext steht die Verhaftung von Meng Wanzhou. Sie ist Finanzchefin von Huawei und Tochter des Firmengründers Ren Zhengfei.

Ihre Verhaftung in Kanada ist zurückzuführen auf eine Anklage / einen Haftbefehl der US-Behörden. Diese werfen Huawei vor, gegen US-Sanktionen gegen den Iran verstoßen zu haben. Die hier oft eingeworfene Frage „Was kümmern uns US-Sanktionen?“, ist leider zu kurz gedacht, denn durch den teilweise extraterritorialen Anspruchs des US-Exportrechtes müssen auch andere Länder ihre Geschäfte mit dem Iran genau prüfen.

Lange standen diese Vorwürfe ohne Beweise im Raum und wurden als weiterer Schritt im Handelskrieg zwischen China und den USA angesehen. Bis die Nachrichtenagentur Reuters vor einer Woche berichtete, es gebe Dokumente, die beweisen darauf hinweisen, dass Huawei tatsächlich die beiden maßgeblich handelnden Unternehmen kontrolliert habe. In diesem Fall würde es sich um einen Verstoß halten.
Huawei dementiert dies und gibt an, dass die beiden Unternehmen unabhängig agierten.

USA_Huawei_Netz

Neue Erkenntnisse gibt es immerhin eine Woche später noch nicht. Ob die Dokumente also wirklich so eindeutig sind, oder ob sie als endgültiger Beweis einfach nicht ausreichen, ist von hier sicher nicht zu beurteilen.

Sollte Huawei nachgewiesen werden, dass hier gegen geltendes Recht verstoßen wurde, so sind auch die entsprechenden Konsequenzen zu tragen.
Auch hier sehe ich die Stammtisch-Aussagen der Huawei-Fans kritisch, wo man an anderer Stelle sicher fordern würde, dass „die Großen“ für Gesetztesverstöße ebenso zur Rechenschaft gezogen werden müssen, wie jeder andere Bürger.

So lange die Beweise hierzu jedoch nicht eindeutig sind, sollte das rechtliche Grundprinzip gelten, dass jeder unschuldig gilt, bis seine Schuld bewiesen ist.

Im Übrigen treiben auch heute noch viele deutsche bzw. europäische Firmen Geschäfte mit dem IRAN. Im Jahr 2017 war dies z.B. ein Exportvolumen an ausgeführten Gütern von knapp 11 Milliarden EUR.

5G Netzausbau

Das große Thema, was tatsächlich aktuell im Fokus steht, dürfte der anstehende 5G Netzausbau sein. Auch wenn Huawei weltweit die Nummer 2 auf dem Smartphonemarkt ist, so macht man damit bei weitem keine großen Gewinne. Diese macht man vor allem mit dem Geschäft als Netzausrüster, wo man bereits seit Jahren mit zu den Marktführern gehört.

Wie sich jeder vorstellen kann, ist gerade dieser 5G Netzausbau ein lukratives Geschäft. Doch auch hier kann man nicht unmittelbar den Netzausbau als Ursache für den Handelskrieg zwischen den USA und China ausmachen.

Denn neben Huawei sind die beiden weiteren großen Akteure in diesem Markt Ericsson und Nokia; also Unternehmen mit Firmensitzen in Schweden und Finnland.
Die Grundlage für die Beziehung USA und China ergibt sich auch hier wieder aus dem Misstrauen.

Huawei 5G

Auch hier wirft „man“ Huawei Spionage vor. Und dabei steht insbesondere ein chinesisches Gesetz im Fokus, welches 2017 erlassen wurde. Das National Intelligence Law besagt, dass chinesische Organisationen und Bürger gemäß diesem Gesetz die nationale Nachrichtendienstarbeit unterstützen, zusammenarbeiten und daran mitwirken müssen.

Der Vorwurf oder Verdacht hier lautet dann, dass Huawei auf dieser Grundlage – und einer gewissen Nähe zur KP – Hintertüren in seine Technik und Software einbauen würde, um somit dann der chinesischen Regierung Zugriff – und damit die Spionage – zu ermöglichen.

Und genau mit diesem Argument untersagt die US-Regierung die Nutzung dieser Technologie für die Zukunft. Ebenso fordert man andere Länder dazu auf, dies ebenfalls zu tun.
Und hier wird es dann auch wirtschaftlich wieder interessant; auch für uns in Deutschland.

Denn die Telekom – bisher zufriedener Partner von Huawei – hat kürzlich angekündigt, dies stärker prüfen zu wollen. Woher der Sinneswandel? Natürlich kann man hier nur spekulieren, ob dies im Kontext mit dem Kauf des amerikanischen Mobilfunkanbieters Sprint steht. Denn dieser muss(te) zunächst durch ein US-amerikanisches Sicherheitsgremium geprüft werden. Und offensichtlich hatte man von US Seite die positive Entscheidung in Aussicht gestellt, wenn die Telekom/T-Mobile „kritischer“ gegenüber Huawei auftritt. Immerhin ein 26-Mrd-Dollar Deal!

Bestätigt werden konnten die konkreten Vorwürfe hinsichtlich Spionage bis heute nicht. Im Gegenteil!
Erst im Dezember hatte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) klar gesagt, dass es keine Beweise für den Spionageverdacht gegen Huawei gibt. Dabei hatte das BSI nicht nur im Huawei Security Lab in Bonn den Quellcode unter die Lupe genommen, sondern auch den von Huawei Hardware, die man sich aus der ganzen Welt besorgt hatte.

Auch hier muss ich als Fazit festhalten, dass es bislang keinen Beweis oder konkrete Verdachtsmomente – abgesehen von der Formulierung im
National Intelligence Law – gibt, für Spionage gibt.
Gleichwohl gibt es inzwischen auch in Deutschland vermehrt politische Stimmen, die in Huawei eine Gefahr sehen.

Was sagt HUAWEI zu den Vorwürfen?

Die offiziellen Pressestellen haben sich zu diesem Thema immer ausgeschwiegen. Es gab bis dato keine offizielle Stellungnahme, nicht einmal aus China. Das hat sich allerdings heute mit einem von Bloomberg (US Nachrichten Unternehmen) geführten Interview des Firmengründers Ren Zhengfei geändert:

„Ich liebe mein Land, ich unterstütze die Kommunistische Partei, aber ich würde nichts tun, um der Welt zu schaden“, sagte der 74-Jährige an einem Round Table. „Ich sehe keinen engen Zusammenhang zwischen meinen persönlichen politischen Überzeugungen und den Geschäften von Huawei.“

Ren sagte, er werde jede Anfrage aus Peking nach sensiblen Informationen über seine Kunden ablehnen und betonte das Potenzial für eine Zusammenarbeit mit den USA und der Trump Regierung. Die Rolle von Huawei in den aktuellen Spannungen zwischen Washington und Peking ist eine untergeordnete, obwohl dadurch die Investoren und Unternehmen auf der ganzen Welt verunsichert seien.

„Huawei ist nur ein Sesamsamen im Handelskonflikt zwischen China und den USA“, sagte Ren vom Campus des Unternehmens in Shenzhen. „Trump ist ein großartiger Präsident. Er wagt es, die Steuern massiv zu senken, was der Wirtschaft zugute kommt. Aber man muss die Unternehmen und Länder gut behandeln, damit sie bereit sind, in die USA zu investieren, und die Regierung damit in der Lage bleibt, genügend Steuern zu erheben.“

„Huawei ist keine Aktiengesellschaft, wir brauchen keinen schönen Ergebnisbericht“, sagte Ren. „Wenn sie nicht wollen, dass Huawei auf einigen Märkten präsent ist, können wir das etwas reduzieren. Solange wir überleben und unsere Mitarbeiter ernähren können, gibt es eine Zukunft für uns.“

„Ich bin ein starker Befürworter der Welt, die einen einheitlichen Technologiestandard aufbaut“, sagte Ren.

„Huawei steht natürlich auf der Seite der Kunden, wenn es um Cybersicherheit und Datenschutz geht“, sagte Ren.

Vorwürfe ohne Beweise?! Huawei und das Thema Spionage 1
Bildquelle: huawei.com

Konkretes konnte Zhengfei zu den immer wieder aufkommenden Vorwürfen auch nicht sagen. Die Tragweite des Interviews ist aber meiner Meinung nach eine größere, da sich der Gründer von HUAWEI sonst fast nie zu einem Interview und schon gar nicht vor westlichen Medien hinreißen lässt. Das letzte Interview führte er 2015. Insgesamt hört oder liest bzw. fühlt es sich wie „Don’t be evil“, einem Leitspruch aus Googles Verhaltenskodex an, der übrigens so seit April 2018 auch nicht mehr im Verhaltenskodex steht.

Berichterstattung rund um Huawei und Fazit

Wie eingangs erwähnt erscheint mir die Berichterstattung zu Huawei in diesem Kontext sehr wirr. Die drei Bereiche die oben dargestellt wurden, werden sehr gerne in einen Topf geworfen. Teilweise auch ohne das es einen konkreten Zusammenhang gibt.

Selbst große (renommierte) Tageszeitungen gehen nur oberflächlich auf die Aspekte ein. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung startet man beispielsweise mit dem unglücklichen iPhone-Tweet zum neuen Jahr (Geht’s noch HUAWEI? Bestrafungen wegen nem iPhone!?), geht dann weiter zum Thema 5G und der aktuellen Prüfung der Telekom, um dann im letzten Abschnitt noch was zur Verhaftung von Meng Wanzhou zu schreiben.

Dabei verliert man bei der Erwähnung der Telekom kein Wort zum Sprint Deal (haben die keine Wirtschaftsredaktion mehr?) und bei der Verhaftung von Men Wanzhou geht es um den daraus resultierenden „Volkszorn“, der deswegen in China kocht. Hintergründe zu den Iran-Vorwürfen? Auch das diese gar nicht im Kontext von Spionage stehen – um die es ja im Artikel vermeintlich gehen soll, bzw. die Angst davor – Fehlanzeige.

Aber es geht aus meiner Sicht noch besser!

Da wurde Ende letzter Woche der Huawei Sales Manager in Polen wegen Spionageverdachts festgenommen. Polen wünscht sich nun daraufhin von der EU und der Nato eine Debatte zu einem Huawei Boykott. Die Tatsache, dass ein ehemaliger polnischer Geheimdienstmitarbeiter aus dem Bereich Cybersicherheit, der jetzt beim Mobilfunkanbieter Orange in Polen arbeitet, wird zwar erwähnt, findet dann aber keine weitere Beachtung (muss nur ich dabei an Stirb Langsam 4.0 denken….?).

Wer bis hierher durchgehalten hat -Respekt! Denn das bedeutet, Du hast Dich mit dem Thema näher beschäftigt.

Ein Fazit im Sinne von Huawei hat mit so etwas nichts am Hut wird es jetzt hier nicht geben. Ebensowenig wie ich sagen würde, dass die deutsche Automobilindustrie absolut vertrauenswürdig ist.
Für mich gilt aber der Grundsatz, dass ich mir ein Meinungsbild aus allen zur Verfügung stehenden Fakten bilde. Und hier sehe ich seit Jahren (!) Vorwürfe von einer Seite, die bislang nicht annähernd belegt werden konnten. Nicht gerade rechtsstaatliches Denken, oder?

Und so nutze ich meinerseits auch zukünftig Huawei Geräte. Ebenso wie ich Android weiter nutze. Wissentlich, dass irgendwo riesige Datenmengen von mir existieren und ich für Google sicher der gläserne Konsument bin.

Für den Bereich 5G Netzausbau erhoffe ich mir eine Entscheidung, die auf Fakten basiert und bei denen man alle wirtschaftlichen Interessen und was damit jeweils verbunden ist, gut abwägt.



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12 Kommentare

  1. Dargos 4. April 2019
  2. Manfred Pfaffenbach 10. März 2019
  3. Uwe Jerneizig 17. Januar 2019
    • Rainer Fürst 17. Januar 2019
  4. Matthias 17. Januar 2019
  5. M.G 16. Januar 2019
    • Marco 17. Januar 2019
      • M.G 17. Januar 2019
    • Rainer Fürst 17. Januar 2019
  6. Anonymous 16. Januar 2019

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